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Ministerverordnung: Wie ein Rezept ohne Zutatenangabe
Hausaufgaben werden schlampig ausgeführt, vom Kollegen abgeschrieben, teils von den Eltern gelöst oder gar nicht gemacht und mit „Heft vergessen“ begründet – Eine Überbelastung der Schüler mit Hausaufgaben ist kein Erfolgsrezept. Wer am Lehrerpult gestanden und sich Gedanken zu diesem Thema gemacht hat, konnte dies längst erfahren. Rumäniens Bildungsminister Mircea Dumitru hat vor Kurzem einen Erlass unterzeichnet, der die Zeit, die Schüler für Hausaufgaben aufbringen sollen, auf wenige Stunden begrenzt. Da bei Nichteinhaltung des Erlasses keine Sanktionen anstehen, scheint der Erlass wenig Sinn zu machen.
In der Grundstufe sollte die für Hausaufgaben aufgebrachte Zeit maximal eine Stunde dauern, für die Klassen 5 – 8 etwa zwei Stunden und im Lyzeum dann etwas mehr. Die Staatssekretärin im Bildungsministerium, Monica Cristina Anisie, wies darauf hin, dass es eine ähnliche Ministerverordnung für den Zeitaufwand für Hausaufgaben bereits seit 1999 gibt: fünf – sechs Stunden sollten jenem Erlass zufolge Kinder Hausaufgaben erledigen.
„Ich denke, es ist ein Fingerzeig auch für manche Eltern, die ihre Kinder mit reichlich Privatunterricht belasten“, sagt der langjährige Direktor des deutschen AMG-Lyzeums in Arad und Physiker an dieser Schule, Michael Szellner. Eineinhalb bis zwei Stunden Aufwand für Hausaufgaben sind seiner Meinung nach vertretbar, um den in der Schule vorgetragenen Stoff zu festigen. „Ein Lehrer mit pädagogischem Gefühl wird die Schüler nicht mit Hausaufgaben nicht erdrücken“, sagt Szellner. Seiner Meinung nach mutet der Ministererlass auch „populistisch an. Er will Aufsehen erregen und Sympathien einbringen“. Diana Popoviciu, Mathematiklehrerin am Nikolaus-Lenau-Lyzeum in Temeswar, glaubt, man solle ausgewogen bei der Vergabe von Hausaufgaben vorgehen. Schüler und Eltern sollten dann frei bestimmen dürfen, ob sie mit der Leistungsschranke weiter nach oben gehen oder nicht. „Ich plädiere seit Jahren, den Kindern keine Ferienaufgaben mehr zu geben. Ferien sollen letztendlich Ferien bleiben“, so Popoviciu.
Die Reaktionen auf den Facebook-Eintrag des Autors waren divers. Man gäbe Gesetze heraus, die jedoch nicht durch die notwendigen Normativakte gedeckt sind, heißt es von einem jungen Hochschullehrer. Andere erwarten mehr Einfühlungsvermögen der Lehrer – „dafür sollte es ein Gesetz geben“. Andere wieder sind der Meinung, man könne keine Zeitbeschränkungen für Hausaufgaben festlegen. Der Zeitaufwand müsse jeweils dem Wissen und dem Auffassungsvermögen angepasst werden und einer fand die Verordnung eine „von einem Idioten, der in die Geschichte eingehen will“.
Schüler aus dem Temeswarer Informatiklyzeum freuten sich diebisch, wie die Lehrer darauf wohl reagieren werden; andere wieder glauben, jeder Lehrer werde „nach wie vor so viele Hausaufgaben geben, wie viele er Lust und Laune hat“. Corina aus der zwölften Klasse wollte wissen, ob Journalisten kurz vor den Weihnachtsferien keine anderen Sorgen hätten und Dan aus der 11. wollte ab morgen „die Ministerverordnung auf seine Heftdeckel kleben“.
Ein Beitrag von Siegfried Thiel